The SIBYLLE RIED PRIZE 2009 was awarded to
Susanne Rudolph and 14 authors
for the book “Ein beinahe fast normales Leben”
[Sorry, laudation only in German]
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der nach der vielen von uns bekannten, leider bereits 2000 verstorbenen Sibylle Ried benannte Preis wurde erstmals 2001 und seitdem alle zwei Jahre vergeben. Er richtet sich an alle Berufsgruppen und alle Formen von Publikationen, dokumentierten Aktivitäten und Methoden, deren Ziel eine Verbesserung der Betreuung von Menschen mit Epilepsie und ihrer Lebensbedingungen ist. Die bisherigen Empfänger waren 2001 Margarete Pfäfflin und Theodor May aus Bethel für die Evaluation des von Sibylle Ried inaugurierten MOSES-Schulungsprogramms für Menschen mit Epilepsie, 2003 die Selbsthilfezeitschrift „einfälle“, 2005 Hansjörg und Hans-Martin Schneble für das von ihnen geschaffene Deutsche Epilepsiemuseum in Kork und 2007 Susanne Rinnert und ihr Projektteam für famoses, das Modulare Schulungsprogramm Epilepsie für Familien.
Heute freue ich mich, Ihnen auch im Namen der anderen Mitglieder des Preisrichterkollegiums, Frau Gisela Schüler aus Berlin, Herrn Rupprecht Thorbecke aus Bethel sowie – mit beratender Stimme – Herrn Matthias Ried als Vertreter der Familie Ried, die Empfängerin des diesjährigen Sibylle-Ried-Preises vorstellen zu dürfen: Frau Susanne Rudolph und ihr Autorenteam für das Taschenbuch „Ein beinahe fast normales Leben – Junge Menschen erzählen aus ihrem Alltag mit Epilepsie“.
Dieses im Eigenverlag erschienene Buch ist ein Produkt des von Frau Rudolph ins Leben gerufenen Treffpunkts für Jugendliche und junge Erwachsene mit Epilepsie in Ulm. Wie sie mir berichtet hat, entstand dieser aus einer bedrängenden persönlichen Not, nachdem ihr jüngster Sohn 2004 mit damals 29 Jahre bei vorbestehender, aber lange Jahre anfallsfreier Epilepsie im Rahmen der Trennung von seiner Freundin und Alkoholkonsum einen Grand Mal-Anfall hatte. Danach entwickelte er starke Angststörungen, hatte Panikattacken und war vier Monate arbeitsunfähig. Er isolierte sich immer mehr, ging kaum noch aus dem Haus.
Unter diesem Eindruck gründete Frau Rudolph unter anfänglicher Beteiligung ihres Sohnes den „Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene mit Epilepsie“ in Ulm. Nach ihrem Aufruf bei einer Epilepsie-Veranstaltung der Universitätsklinik kamen rund 20 junge Menschen mit Epilepsie zusammen. Ziel der Treffens war es zunächst, wie auch in anderen Selbsthilfegruppen Isolierungen zu durchbrechen, andere junge Leute kennenzulernen, Erfahrungen auszutauschen, etwas miteinander zu unternehmen oder einfach über Gott und die Welt zu reden. Irgendwann im Frühjahr 2006 hatte das Gruppenmitglied Dany die Idee, mit den eigenen Geschichten aus dem Alltag mit Epilepsie an die Öffentlichkeit zu treten und damit, wie sie meinte „echte Aufklärungsarbeit“ zu leisten. Als Journalistin griff Frau Rudolph diese Idee sofort auf: Im Laufe der folgenden Monate kamen dann 14 Geschichten und viele Gedichte zusammen, die sie so behutsam wie möglich redigierte: Eine befreundete Designerin kümmerte sich unentgeltlich um die grafische Gestaltung.
Natürlich waren zunächst keine entsprechenden Finanzmittel vorhanden. Durch Förderanträge bei Krankenkassen und Pharmafirmen sowie Kontakte mit verschiedenen anderen Firmen kamen etwa 2000 Euro zusammen, die für den Druck 650 Exemplare der ersten Auflage der Broschüre reichten. Im März 2007 hielten 14 junge Autorinnen und Autoren dann ihr erstes Buch stolz in den Händen!
In der Folge kam es zu einer nie erwarteten Nachfrage nach dem kleinen Buch. Das von Anfang an zur kostenlosen Abgabe konzipierte Buch wurde allseits positiv aufgenommen. Innerhalb von vier Wochen waren die 650 Exemplare vergriffen, die Anfragen nahmen jedoch kein Ende. Dies machte eine raschestmögliche Neuauflage erforderlich. Bei der im Mai 2007 folgenden zweiten, erweiterten Auflage wurden fast 6000 Exemplare gedruckt, was auch durch ein Sponsoring durch verschiedene Pharmafirmen und zwei Krankenkassen möglich war. In der Folge berichteten u.a. auch bekannte Tages- und Wochenzeitungen wie die „Stuttgarter Zeitung“ oder die „Zeit“ über das Projekt. Nach entsprechenden Veröffentlichungen (z.B. im Oktober 2007 über zwei Seiten im Wissen-Teil der „Zeit“) häuften sich die Bestellungen, weshalb im September 2008 auch die zweite Auflage vergriffen war. Zunächst half ein spontan organisierter und von der DAK finanzierter Nachdruck von ca. 600 Exemplaren, im März 2009 waren aber auch davon nur noch 20 Stück übrig.
Parallel zur Mitteilung der Auszeichnung mit dem Sibylle-Ried-Preis begannen die Vorbereitungen zur dritten, hier in Rostock erstmals präsentierten Auflage. Die Finanzierung gelang in erster Linie durch verschiedenen Krankenkassen, während alle angefragten Pharmafirmen diesmal absagten. Nicht zuletzt wurde auch schon die Hälfte des in Aussicht stehenden Preisgeldes mit investiert, wodurch immerhin eine Auflagenhöhe von 2500 Büchern möglich war. Die dritte Auflage wurde auch um eine Kapitel „Zwei Jahre später“ erweitert. Auch diese Exemplare werden wieder kostenlos verschickt werden, wobei das Epilepsiezentrum Ulm sich dankenswerterweise an den Portokosten beteiligt.
Das Preisrichterkollegium war übereinstimmend der Meinung, dass bei auch in diesem Jahr wieder mehreren preiswürdigen Bewerbungen diesem Projekt von Frau Rudolph und ihrem Team die Auszeichnung gebührt, weil es in hervorragender Weise Ausdruck einer Aktivität im Bereich der Selbsthilfe ist, die ohne finanziellen „Schutz“ – beispielsweise durch öffentliche Gelder oder eine Finanzierungszusage seitens einer Pharmafirma – etwas sehr Originelles realisiert hat, das sicherlich zur Verbesserung der Lebensbedingungen nicht nur von jüngeren Menschen mit Epilepsie beiträgt. Die ungebrochene Nachfrage nach diesem gleichermaßen ehrlichen als auch erfrischenden Taschenbuch spricht für sich selbst!
Wer mehr über die Gruppe erfahren will, kann sich im Internet unter „www.junger-treffpunkt-epilepsie.de“ informieren. Am Schluss sei für diejenigen, die das Buch noch nicht kennen und für sich persönlich oder auch zur Auslage in ihrer Klinik, Praxis, Beratungsstelle oder sonstigen Einrichtung bestellen möchten, noch auf die Bestelladresse hingewiesen. Am einfachsten und schnellsten geht dies mit einer E-Mail an „info@junger-treffpunkt-epilepsie.de“. Die Postadresse der Gruppe lautet: Junger Treffpunkt Epilepsie, c/o Susanne Rudolph, Neideggweg 57, D-89134 Blaustein. Darüber hinaus kann das Buch auf der Homepage der Gruppe auch als pdf-File heruntergeladen werden. Frau Rudolph und die Gruppe freuen sich nicht nur über Bestellungen des Buches, sondern auch über Kommentare und sonstige Anfragen, die stets auch persönlich beantwortet werden.
Liebe Frau Rudolph und Team: Nochmals herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Projekt und viel Erfolg auch in der Zukunft!
Dr. Günther Krämer (Vorsitzender des Preisjury)
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